Dieses einfache Tool spart dir viel Frustration im Job

Menschen wollen keine Verantwortung übernehmen! So oder so ähnlich höre ich es in Trainings oder bei der Beratung immer wieder. Statt selbst Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen, ducken sich Mitarbeiter angeblich aus Bequemlichkeit weg oder verweisen auf die nächsthöhere Instanz. Nur keine Initiative oder Mut zeigen. So einfach stellt sich das oft dar. Vor allem im Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter können Selbst- und Fremdwahrnehmung kaum weiter auseinander gehen.

Denn noch immer glauben Führungskräfte häufig, dass ihre Mitarbeiter Verantwortung scheuen und nehmen ihnen diese praktischerweise direkt selbst ab, um voran zu kommen. Stichwort Co-Abhängigkeit und selbsterfüllende Prophezeiung. Der Anfang einer Abwärtsspirale, auch bekannt als Micro-Management, ist geschaffen.

Das ist nicht nur anstrengend für Führungskräfte, die fortan enorm viel Zeit und Kraft aufwenden müssen, um die Mitarbeiter per Command&Control zu „führen“, sondern auch paradox und mindestens genauso schwierig für die Mitarbeiter, die zur Handlungsunfähigkeit verdammt werden oder vielleicht das gleiche Verhalten bei ihrem Chef wahrnehmen. Denn statt besser und schneller zu Ergebnissen zu kommen, wird die Arbeit zu einem zähen Kaugummi, der zudem auch noch bitter schmeckt. Und ganz nebenbei wird damit die Motivation aller beschädigt.

Können und Dürfen oder Befähigung und Erlaubnis

Natürlich sind Menschen ganz unterschiedlich. So ist es auch mit der Verantwortungsbereitschaft. Nicht jeder Mensch übernimmt in jeder Situation automatisch in gleichem Umfang Verantwortung oder zeigt proaktiv Initiative. Die Ursache liegt aber nicht unbedingt in der Bequemlichkeit der Menschen.

Wie so oft sollte das gesamte System unter die Lupe genommen werden. Welche Prozesse, Strukturen und Verhaltensweisen fördern zum Beispiel das Übernehmen von Verantwortung und Aufgaben? Welche sind hinderlich? Wie sehen die Rahmenbedingungen wie Management und Fehler- bzw. Lernkultur diesbezüglich aus? Was ist bisher passiert, wenn jemand Initiative gezeigt hat (und es vielleicht schief gegangen ist)? Welche unsichtbaren Zäune gibt es, in die Mitarbeiter rennen können? Dürfen die Mitarbeiter vielleicht, aber es fehlt ihnen an den entsprechenden Fähigkeiten?

Mit einem Delegation Board für Klarheit sorgen und unsichtbare Zäune einreißen

In einer VUCA-Welt ist es einfach nicht möglich, nur durch Planung, Anweisung und Ausführung zu sinnvollen Ergebnissen zu kommen. (Verhaltens-)Regeln können gar nicht so schnell und genau definiert werden, wie sich die Umwelt verändert.

Daher ist es wichtig, grobe Leitplanken zu definieren, um den Spielraum für Mitarbeiter so klar wie möglich abzustecken. Das ist ein wichtiger Teil, um die nötigte Sicherheit zu geben und Platz für Kreativität und Eigeninitiative zu lassen. Es gilt die unsichtbaren Zäune einzureißen und Prozesse und Strukturen so zu hinterfragen und anzupassen, dass Arbeit bestmöglich und effizient erledigt werden kann.

Ein erster Schritt in diese Richtung könnte das gemeinsame Erstellen eines Delegation Boards mit Hilfe von Delegation Poker sein. Auf Mitarbeiter- oder auch Teamebene kann so Klarheit geschaffen werden, welche Aufgabe oder Verantwortung wie übertragen bzw. übernommen werden darf und soll.

Ein Delegation Board kann gemeinsam mit dem Mitarbeiter oder Team aufgesetzt werden, egal ob digital oder analog. Hilfreich ist es, wenn es stets verfügbar und sichtbar ist. Im ersten Schritt werden für die Delegations-Matrix gemeinsam Aufgaben und Verantwortungsbereiche gesammelt, pro Zeile ein Eintrag.

Die Spalten stellen entsprechend die Delegations-Level aus Perspektive des Delegierenden dar:

1 = Verkünden (Ich teile meine Entscheidung mit)

2 = Verkaufen (Ich versuche meine Entscheidung zu vermitteln)

3 = Befragen (Ich hole mir vor meiner Entscheidung Rat)

4 = Einigen (Wir entscheiden gemeinsam)

5 = Beraten (Ich berate, entscheide aber nicht)

6 = Erkundigen (Ich frage nach der Entscheidung)

7 = Delegieren (Ich delegiere komplett)

Von Anweisung und Verkünden zu Ermächtigung und Delegation

Nun wird es spannend. Das Delegation Board muss gefüllt werden. Hier helfen die Delegation Poker Karten. Ähnlich wie beim Planning Poker bekommt jeder, egal ob Chef oder Mitarbeiter, einen Satz Delegation Poker Karten.

Es wird Zeile für Zeile vorgegangen. Pro Punkt entscheiden sich alle für ein Delegation-Level, welches aus seiner Perspektive aktuell zutrifft oder zutreffen sollte und wählen eine entsprechende Karte. Wenn alle gewählt haben wird aufgedeckt und das Ergebnis darf und sollte diskutiert werden. Dabei sollten nicht nur Wünsche sondern vor allem auch Rahmenbedingung und vorhandene Fähigkeiten berücksichtigt werden.

Es ist erstaunlich wie viel Klarheit allein dieser erste Schritt schaffen kann. Denn wenn hier bereits Differenzen auftreten, erklärt das vielleicht schon manchen (un-)sichtbaren Konflikt während der täglichen Arbeit.

Haben sich die Teilnehmer auf ein Level verständigt, kann zum Beispiel ein entsprechender Avatar für den Mitarbeiter oder das Team in die Spalte des passenden Delegation-Levels gehangen werden. Unsichtbare Zäune werden so zu sichtbaren Rahmenbedingungen und Richtlinien für alle.

Delegation Boards und Delegation Poker als Hilfsmittel für Mitarbeiter- und Teamentwicklung

Die Delegation-Level und ein Delegation Board können so auch für die Mitarbeiter- oder Teamentwicklung genutzt werden, indem Ist- und Soll-Zustand zum Beispiel in Retrospektiven kontinuierlich abgeglichen werden. Daraus können gemeinsam Maßnahmen und nächste Schritte abgeleitet werden, um den Mitarbeiter oder das Team zu befähigen, die nächste Delegationsstufe zu erreichen.

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