Braucht die Welt mehr Egoisten, um besser zu werden?

69% der Deutschen ist der Meinung, dass junge Menschen heutzutage nur auf ihren persönlichen Vorteil aus sind. Egoismus prägt das Land. Getreu dem Motto: Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht.

Auf der anderen Seite katapultieren sich in den letzten Jahren immer mehr Ratgeber zum Thema Selbstliebe und wie jeder Einzelne diese erreichen kann, an die Spitzen der Buchbestsellercharts. Wie passt das zusammen?

Ist Egoismus schlecht?

Stellen wir uns kurz folgende Situation vor: Wir sitzen im Flugzeug. Kurz bevor es abhebt lauschen wir den Sicherheitshinweisen des Flugpersonals. Wir lernen nicht nur, wie wir den Gurt schließen und öffnen können. Hier werden wir darauf hingewiesen, was im Ernstfall zu tun ist und darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns erst selbst die Schwimmweste anziehen und die Sauerstoffmaske überstreifen sollen, bevor wir anderen Passagieren helfen.

In dieser Situation ist der Egoismus ziemlich einleuchtend: Wenn wir keine Schutzmaßnahmen für uns selbst treffen, nicht erst an uns selbst denken, können wir im schlimmsten Fall niemand anderem helfen und setzen zusätzlich sogar das eigene Wohl aufs Spiel.

Die wichtigste Verantwortung, die wir übernehmen können, ist die für uns selbst.

Eigene Bedürfnisse (aner)kennen

Für mich verhält es sich im alltäglichen Leben genauso. Vor allem, weil das Leben oft länger dauert als ein möglicher Ernstfall wie oben beschrieben. 😉 Ich gehe auch noch einen Schritt weiter und sage: Egoismus ist gut und notwendig. Sofern er nicht auf Kosten anderer geht.

Beim Egoismus, d.h. der Ich-Bezogenheit, stellt der Einzelne die eigenen Wünsche und Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Der Punkt ist, dass der Egoist weiß, was er erreichen will und was er braucht. Er kennt seine Wünsche und Bedürfnisse. Und er räumt diesen bewusst einen Platz in seinem Leben ein, unterdrückt oder verleumdet sie nicht.

Egoismus als Voraussetzung, um anderen zu helfen

Erst durch das Beschäftigen mit und das Explizitmachen unseres Innersten bekommen wir die Möglichkeit, wirklich bewusst Entscheidungen zu unserem eigenen Wohl zu treffen, die uns letztlich zum persönlichen Erfolg führen. Wir müssen unsere Gefühle, unsere Bedürfnisse, Ziele, aber auch unsere Schwächen und Stärken kennen und verstehen. Um dies zu erreichen, müssen wir uns mit uns selbst beschäftigen. Wir müssen egoistisch sein. Zu unserem eigenen Wohl und für das Wohl anderer.

Erst ein gesunder Egoismus schafft das Fundament und den Spielraum für Altruismus, also der Uneigenützigkeit bzw. Selbstlosigkeit. Erst wenn wir unseren Wünschen, Bedürfnissen, Gefühlen und Werten auf den Grund gehen, werden wir uns selbst verstehen und wir werden wieder die Verantwortung für unsere Emotionen, unser Handeln, letztlich unser Leben übernehmen können. Wir werden Selbst-Bewusst, innerlich gefestigt und fähig aus dieser starken Ausgangslage anderen zu helfen. Eine Win-Win-Situation für alle.

Fazit

Es hat nichts mit Egoismus zu tun, wenn wir uns um uns selbst kümmern. Wenn ich jemandem Halt geben möchte, benötige ich zuerst selbst einen festen Stand, damit nicht einer den anderen zu Fall bringen kann. Denn wenn ich meine eigenen Bedürfnisse nicht befriedige, innere Konflikte austrage und mich nicht um meine eigenen Probleme kümmere, laufe ich unter Umständen Gefahr, genau dies in den Fokus zu rücken oder gar in die Situation des oder der anderen zu projizieren. Und damit ist keinem von beiden geholfen.

Wir sollten also damit aufhören, dass wir die Ich-Bezogenheit und die damit verbundene Selbstsicherung nur als negativ ablehnen. Es ist vielmehr der Quell eines positiven Zusammenlebens.

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